Den psychischen Folgen der COVID-19-Pandemie begegnen

21. Februar 2022 I  Hub-Publikation  I von : Jonas Huggins

Sorgen um die eigene Gesundheit und um Angehörige, finanzielle Unsicherheit und soziale Isolation: COVID-19 hat das Leben auf den Kopf gestellt. Das bedeutet enormen Stress für die psychische Gesundheit.

Ein Plädoyer für einen integrierten Ansatz

„Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die mentale Gesundheit kann man nicht unterschätzen“, sagt Eric Hahn. Der Oberarzt und Leiter des Moduls Schizophrenie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin leitet gemeinsam mit dem emeritierten Psychologieprofessor Michael Wirsching die Hub Community „Global Mental Health“. In den vergangenen Monaten hat diese Community einen Policy Brief erarbeitet und Anfang 2022 der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Papier ist ein Plädoyer die mentale Gesundheit ernst zu nehmen: Die Pandemie sei das beste Beispiel dafür, dass Krankheiten nicht isoliert zu betrachten seien, so die Autorinnen und Autoren des Policy Briefs. Sie fordern, bestehende Ungleichgewichte zwischen Biomedizin und psychosozialer Medizin zu überwinden. Anstatt Körper und Psyche getrennt zu betrachten, brauche es ein integriertes Konzept, den sogenannten biopsychosozialen Ansatz.

Der Policy Brief identifiziert konkrete Maßnahmen, mit denen Akteur*innen der Gesundheitspolitik die mentale Gesundheit in Pandemiezeiten schützen können. In den Empfehlungen befassen sich die Autorinnen und Autoren mit den Bedarfen der Allgemeinbevölkerung, spezifischer Alters- und Risikogruppen sowie der Situation der Erkrankten und deren Familien.

Die junge Generation ist schwer betroffen

Kinder und Jugendliche haben zwar weniger schwere COVID-19-Krankheitsverläufe, sind aber von den psychischen Folgen umso mehr betroffen. Ann Willhoite, Spezialistin für psychische Gesundheit bei UNICEF, hob bei der Vorstellung des Policy Briefs die Verwundbarkeit junger Menschen hervor: „Psychische Belastungen und Drogenmissbrauch ist die führende Ursache von Behinderungen im Jugendalter, Suizid die drittgrößte Todesursache.“

Die Pandemie habe bestehende Probleme verschärft. Lockdowns haben Kinder und Jugendliche grundlegender Lebenserfahrungen beraubt oder sogar häuslicher Gewalt ausgesetzt. „Es ist absolut notwendig, dass wir jetzt den Problemen unsere Aufmerksamkeit schenken, bevor es für die nächste Generation schon zu spät ist“, sagte Ann Willhoite.

Viele der Maßnahmen, die Regierungen und andere Akteur*innen im Gesundheitswesen umsetzen können, kosten nicht viel Geld. Dazu gehört, die Bevölkerung rechtzeitig über die Risiken für die psychische Gesundheit und mögliche Unterstützungsangebote aufzuklären.

Mehr Investitionen in mentale Gesundheit

Die grundlegenden Probleme der weltweiten mentalen Gesundheit lassen sich jedoch nicht mit einfachen Maßnahmen beseitigen. „Psychische Erkrankungen sind selbst eine Pandemie, die nun mit der COVID-19-Pandemie interagiert“, sagte Eric Hahn, Co-Manager der Hub Community Global Mental Health.

Zu wenig Investitionen und ein fragmentierter Zugang: Schon vor COVID-19 habe es in der weltweiten mentalen Gesundheitsversorgung erhebliche Mängel gegeben, sagte auch Dan Chisholm bei der Launch-Veranstaltung des Policy-Briefs. Er ist Spezialist für mentale Gesundheit und Drogenmissbrauch bei der Weltgesundheitsorganisation. „Diese Schwächen hat die Pandemie auf brutale Weise aufgedeckt und noch verschlimmert.“

Ein Umdenken sei dringend notwendig, sagte Dan Chisholm.

Er unterstütze die Forderung im Policy Brief, mentale Gesundheit in den Kern der Pandemiepolitik zu integrieren, und warnte davor, das Thema nur als Bürde zu verstehen. Geld für mentale Gesundheit aufzuwenden, sei eine Investition, keine Ausgabe. „Die Krise bietet die Möglichkeit für echten systemischen und nachhaltigen Wandel“, sagt Dan Chisholm. Lesen Sie das komplette Policy Brief „COVID-19 und mentale Gesundheit“ auf Deutsch oder auf Englisch.

Sind Sie bereits Mitglied und möchten in der Hub Community Global Mental Health mitwirken? Dann kontaktieren Sie unsere Leiterin Community Management Merle Wangerin: merle.wangerin@globalhealthhub.de

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